bestellen Sprache: Deutsch Länge: 54 min. © 2003
Kadir -
Der Baumwollbauer
Kamera: Rüdiger Kortz Schnitt: Eva Voosen Musik: Mikail Aslan
Der türkische Bauer Kadir baut Öko-Baumwolle an. Aber sein Verdienst ist gering. Der Tourismus scheint für
ihn eine Alternative zu werden, liegen seine Felder doch in der Nähe von Dalyan, einem bekannten Urlaubsort an der
Mittelmeerküste der Türkei.
Die Arbeit auf den Baumwollfeldern ist hart. Kadir verzichtet auf chemische Unkrautvernichter und Kunstdünger, seine
Arbeiterinnen hacken den schweren Boden und pflücken die Baumwolle von Hand. Mehrmals im Jahr werden die Felder von
Umweltexperten kontrolliert, nur dann erhält die Ernte das Zertifikat "kontrolliert biologischer Anbau (kbA)"
und wird vom deutschen Öko-Versand „hess natur“ aufgekauft.
Kadir ist gerne Bauer und er ist froh, durch den Bio-Anbau die Umwelt rund um das einzigartige Schilf-Delta von Dalyan
nicht weiter zu belasten. Ökologische Landwirtschaft bedeutet hochwertige Produkte für den Verbraucher, aber vor allem
schützt sie Boden, Wasser und Luft und erhält die biologische Vielfalt. Dabei wird auf einen möglichst geschlossenen
Kreislauf geachtet, ein Teil der Pflanzenprodukte dient als Viehfutter und der aus der Tierhaltung anfallende Dung wiederum
als Nährstoff für die Pflanzen. Die Planung der Fruchtfolge und eine vorsorgende Schädlingsbekämpfung sind wichtige Grundlagen
für den Öko-Anbau.
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Aber Kadir kann mit den Einnahmen aus der Landwirtschaft seine Familie nicht ernähren. Er klagt über die geringen Preise,
die auch für Bio-Baumwolle vom Weltmarkt abhängen. Die Globalisierung wirkt sich bis in sein kleines Dorf aus, die Preise für
Baumwolle sind börsennotiert und in den letzten Jahren stetig gesunken. Kadir hat sich daher ein Boot gekauft, mit dem er
Touristen durch das unter Schutz stehende Schilfdelta von Dalyan zum nahe gelegenen Strand fährt.
Die Region wurde weltbekannt, nachdem Naturschützer aus aller Welt Ende der 80er Jahre verhinderten, dass am Niststrand
der Meeresschildkröten „Caretta-Caretta“ ein Hotel gebaut wurde. Ein deutsches Reiseunternehmen hatte mit seinem
türkischen Partner bereits die ersten Fundamente setzen lassen, als der Bau von der türkischen Regierung gestoppt wurde.
Auf Druck der Umweltschützer hatte der Deutsche Bundestag zuvor beschlossen, die für das Projekt zugesagten Entwicklungshilfegelder
nicht auszuzahlen.
Aber jetzt kommen die Urlauber dennoch, sie wollen das „gerettete Paradies“ sehen. An manchen Tagen fahren über 400 große
Holzboote durch das unter Schutz gestellte Schilf. Ein gutes Geschäft, an dem auch Kadir teilhaben möchte. Naturschützer wie die in Dalyan
lebende June Haimoff sehen die Entwicklung kritisch und fragen sich, ob ihr damals auch über die Medien erreichter Erfolg nicht erst dazu
geführt hat, die Region so bekannt zu machen.
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Reich geworden ist Kadir auch als Kapitän eines Touristenboots nicht, dafür sind die Investitionen zu hoch. Es ist zudem schwer für ihn, Landwirtschaft und Tourismus zu vereinbaren. Wenn die meiste Arbeit auf den Feldern anfällt, sind auch die meisten Touristen da. Und Kadir weiß, dass die jährlich wachsende Zahl von Besuchern die schützenswerte Natur belastet. Der ökologische Landbau passt besser ins Bild, aber bietet er Kadir und seiner Familie eine Zukunft? Der Film bietet neben detaillierten Informationen über den Öko-Anbau von Baumwolle auch Einblick in den Alltag eines traditionellen türkischen Dorfes sowie herausragende Landschaftsaufnahmen aus der Gegend rund um Dalyan. Und er wirft die Frage auf, welchen Raubbau an der Natur können wir uns noch leisten? Was ist uns die Natur wert? Bietet nur der Tourismus den Einheimischen künftig ein ausreichendes Einkommen? Weil die Menschen bereit sind, Geld für Reisen und Ausflüge auszugeben, Textilien aus umweltschonenden Anbau ihnen aber zu teuer sind?